Die sozialen Netzwerke mal wieder! Da teilt man seinen Gesichtsbuch-Freunden mit, dass einem der neue
"Terminator: Genisys" gefallen hat und schon holen sie gleich die virtuellen Mistgabeln und Fackeln heraus. Wie kann ich als "Film-Guru" bloß dieses Machwerk gut finden? Doch muss ich als eben solcher auf den Zug negativer Kritiken aufspringen, nur weil meine Leserschaft es von mir erwartet? Muss ich aufgrund der niedrigen Freigabe den neuen Teil in Grund und Boden reden, nur weil man es von einem Magazin wie unseres verlangt? Natürlich nicht, liebe Leser, denn es gibt nichts Schöneres als Gelassenheit, vor allem beim Kinobesuch. Die Erinnerungen an
"Terminator: Genisys" sind noch frisch, das Popcorn noch nicht verdaut, da schreibe ich diese Zeilen, um auch direkt das Wichtigste vorweg zu nehmen: Der Film funktioniert - überraschend gut sogar!
"Du bist nichts Anderes als ein Relikt ..." - John Connor
Nachdem die Erlösung in
"Terminator: Salvation" erst nach knapp 2 Stunden eintrat, und der Film bei den Fans (teilweise) zurecht sehr verhalten aufgenommen wurde, war klar, dass die Ankündigung weiterer Teile nicht unbedingt für Jubelschreie sorgen würde. Bereits kurz nach
McGs beinahe Flop sprach man von weiteren Filmen, sogar von einem komplett neuen Franchise war die Rede. Daraus wurde zum Glück nichts, denn niemand wollte einen Terminator ohne
Arnold Schwarzenegger sehen, wahrscheinlich nicht einmal mehr die Studios. Sein CGI-Cameo in
"Salvation" war zwar eine nette Hommage an die "alte Zeit", doch insgesamt enttäuschend.
Dass es sechs Jahre später dennoch wieder heißen würde:
"Ich komme wieder", hätte sich wohl niemand zu träumen gewagt. Nicht zuletzt, da selbst die TV-Serie
"Terminator: Sarah Connor Chronicles " frühzeitig abgesetzt wurde. Doch wie kann man ein Franchise rebooten, ohne den treuen Fans vor den Kopf zu stoßen und es dennoch schaffen
Arnold Schwarzenegger als ergrauten Terminator in die Geschichte zu intrigieren?
"Komm mit mir, wenn du Leben willst. Jetzt, Soldat!" - Sarah Connor
Man machte sich einfach das
"Star Trek"-Prinzip zunutze und erschuf eine neue Zeitlinie und somit einen neuen Kanon. Wie sagte einst Marty McFly in
"Zurück in die Zukunft"?
"Du sitzt in einer Zeitmaschine, du kannst überall hin." So werden in nur wenigen Minuten sämtliche
"Terminator"-Fortsetzungen aus dem Kanon gelöscht und
James Camerons Klassiker gehörig auf den Kopf gestellt. Mutig, aber vielleicht genau die richtige Entscheidung.
"Terminator: Genisys" beginnt im Jahre 2029 und zeigt uns abermals den aussichtslosen Kampf gegen die Maschinen. Diesmal wird der Zuschauer von Kyle Reese in das Szenario eingeführt, der davon erzählt, wie die Erde zugrunde ging und er als Kind von John Connor gerettet wurde. John Connor wird als Prophet verehrt und als Anführer der Rebellion akzeptiert. Er gibt den Menschen Hoffnung, lehrt sie Dinge im Kampf gegen Skynet, die niemand sonst weiß. Geprägt von den Erzählungen seiner Mutter Sarah und den Kämpfen aus seiner Kindheit, weiß er auch um die Zeitmaschine, die Skynet in einer unscheinbar wirkenden Fabrik tief unter der Erde versteckt hält. Diese muss zerstört werden, bevor der Feind einen Terminator in die Vergangenheit schicken wird, um Johns Mutter zu töten. Doch sie kommen zu spät, und der Zuschauer erlebt, wie Kyle Reese ebenfalls ins Jahre 1984 geschickt wird, um Sarah Connor zu beschützen und den Terminator zu vernichten.
Kenner des '84er
Originals wissen, was jetzt passiert: Kyle Reese findet Sarah, verliebt sich ihn sie, beide schlafen miteinander und am Ende stirbt er bei dem Versuch, sie gegen den Terminator zu beschützen. Sarah zerstört die Maschine und flieht in die mexikanische Wüste, um sich auf den Tag des Jüngsten Gerichts vorzubereiten und den Anführer der Rebellion zur Welt zu bringen: John Connor. Das wäre zumindest die Geschichte aus
James Camerons
Kultfilm. Doch wie der Trailer es bereits veranschaulichte, hat sich die Geschichte komplett geändert ...
In dem Moment als Kyle in die Vergangenheit reist, sieht er, wie ein Terminator (
Matt Smith,
"Doctor Who") nach John greift. Zudem ist seine schmerzhafte Zeitreise geprägt von Visionen und Erinnerungen an eine Kindheit, die er niemals hatte. Als Kyle dann im Jahr 1984 landet, erwartet ihn dann auch direkt ein T-1000 (
Byung-hun Lee,
"G.I. Joe - Die Abrechnung"), der, wie wir wissen, nicht in die 80er Jahre gehört.
Kyle flieht vor der als Polizist getarnten Maschine, die nach seinem Leben trachtet und wird von der Frau gerettet, die er eigentlich beschützen soll: Sarah Connor! Sie scheint nicht die ängstliche und naive Kellnerin zu sein, von der ihm John all die Jahre erzählte, sondern eine eiskalte Kriegerin, die zudem von einem Terminator begleitet wird, den sie liebevoll Pops nennt. Dieser beschützt sie seit ihrem 9 Lebensjahr, als ein T-1000 ihre Eltern tötete und auch sie beinahe erwischte. Wer ihr den "Beschützer" schickte, weiß sie nicht, da der Speicher des Terminators gelöscht wurde. Dieser kennt aber nur eine Mission: "Beschütze Sarah Connor!"
In diesem Moment hat sich die gesamte Zeitlinie geändert und eine alternative Realität entstand, die das gesamte Raum- und Zeitgefüge durcheinander brachte und Kyle vor ungeahnte Probleme stellt. Nicht nur, dass sich drei Terminatoren im Jahre 1984 befinden, auch Skynet scheint nicht mehr das zu sein, was es eigentlich sein sollte. Kyle sah in seinen Visionen das Jahr 2017 sowie die Ankündigung eines innovativen Betriebssystems mit dem Namen "Genisys". Doch nur er weiß, dass mit dem Start von "Genisys" die Welt, wie wir sie kennen, enden wird. Denn "Genisys" ist Skynet ... Während Sarah und ihr Beschützer noch der Meinung sind, sie müssten ins Jahr 1996, versucht Kyle, ihnen klar zumachen, dass sich irgendwas verändert hat und sie mit der improvisierten Zeitmaschine aus dem Jahr 1984 ins Jahr 2017 müssen. Doch dort erwartet sie nicht nur eine moderne Welt, die dem Start von Genisys entgegenfiebert, sondern auch ein alter Bekannter.


"Alles ist falsch! John schickte mich zurück, um dich zu beschützen ..." - Kyle Reese
Machen wir uns nichts vor, aber
"Terminator: Genisys" ist als ein Reboot des Franchise und schlägt in dieselbe Kerbe wie einst
J. J. Abrams mit
"Star Trek". Was der Serien erprobte Regisseur
Alan Taylor (
"Bored to Death",
"Game of Thrones") hier auf das Publikum los lässt, ist eine Mischung aus den ersten beiden
"Terminator"-Filmen und der zu Unrecht geächteten TV-Serie
"Terminator: The Sarah Connor Chronicles". Diese Art Best-Of, welches die erste Hälfte des Films dominiert, wurde jedoch von den Drehbuchautoren
Laet Kalogridis und
Patrick Lussier mit viel Liebe zum Detail erdacht. Beide legten sehr viel Wert darauf,
James Camerons
Original mit Respekt zu behandeln und halten sich in den 1984er Sequenzen sehr eng an den Kultklassiker, bevor man im Jahre 2017 ein rasantes Actiongewitter auf uns niederschmettern lässt. Hier haben die beiden Drehbuchautoren allerdings ein wenig zu stark von der TV-Serie abgekupfert, denn die Zeitreise gab es da ebenso, wie die Szene auf der Highway-Brücke.
Das ist aber nicht weiter tragisch, da wir es hier ohnehin mit einer großen Hommage zu tun haben. Nur dass
Taylor alles nach
"Terminator 2" rigoros ignoriert. Selbst der zweite Teil findet sich lediglich im T-1000 wieder und der Tatsache, dass Miles Dysons Sohn kurz im Jahre 2017 zu sehen ist.
Dass nicht immer alles schlüssig wirkt, ist der Zeitreisethematik geschuldet, denn die Zeitparadoxien wurden beim Franchise schon immer sehr stark strapaziert, und da macht es dann auch nichts mehr aus, wenn man in
"Genisys" aufs Ganze geht. Die Macher haben sich somit Wege und Türen offen gehalten, um das Universum auszubauen. Aber ganz so hanebüchen wie erwartet ist die Geschichte dann doch nicht, teilweise fügt sich die neue Zeitlinie sogar recht "plausibel" zu einem großen Ganzen zusammen. Es gibt natürlich ein paar Logiklöcher und Denkfehler, aber wir dürfen niemals vergessen, dass die Logik noch nie die Stärke eines
"Terminator"-Films war. Also 'so what?' Die teilweise unbeantworteten Fragen, werden hoffentlich in einer möglichen Fortsetzung gelüftet, was jedoch aufgrund der derzeit schwachen Einspielergebnisse eher unwahrscheinlich sein dürfte. Doch selbst für den Fall, dass es keine Fortsetzung geben sollte, wird man als Zuschauer nicht unbefriedigend aus dem Kinosaal entlassen.
Anstelle eines logisch durchdachten Drehbuches lässt
"Terminator: Genisys" vielmehr in puncto Action die Muskeln spielen. Trotz PG 13 bzw. FSK 12 Freigabe bekommen wir hier bombastische Action geboten, die zwar nicht blutig, dafür umso brachialer ausfällt, ohne in ein Overkill abzudriften. Wer also ein katastrophales Schnittgewitter im Stil von
"Transformers - Ära des Untergangs" oder
"The Avengers: Age of Ultron" befürchtet, kann sich beruhigt zurücklehnen. Im Vergleich zu diesen Kalibern ist die Action in
"Terminator: Genisys" bodenständig geblieben und irgendwo zwischen
"Tag der Abrechnung" und
"Rebellion der Maschinen" anzusiedeln. Die Effekte sind State of the Art, und trotz reichlicher Computerhilfe bietet der Film noch genügend Live-Action. Im Gegensatz zum Marvel-Universum hat man hier niemals das Gefühl, sich ein Videospiel anzusehen.
"Alt, aber nicht veraltet ..." - T-800
Eine Herausforderung war es,
Arnold Schwarzenegger glaubhaft den Terminator verkörpern zu lassen. Mit 67 Jahren sieht er natürlich nicht mehr aus wie Mitte 40, weshalb man etwas tricksen musste. So ließ man die fleischliche Hülle es Terminators einfach altern, und auch die Regeneration seiner Haut dauert Jahre, weshalb ein angeschlagener Pops mit Sarah und Kyle nicht in die Zukunft reisen kann. Stattdessen wartet er und bereitet alles für deren Ankunft im Jahre 2017 vor.
Die jungen Versionen des T-800 stammen wie bereits in
"Salvation" aus dem Rechner, nur diesmal sind diese hervorragend gelungen. So ist der Kampf zwischen Pops und dem Terminator, der im Jahre 1984 auf die Punks trifft, ein wahres Highlight und die Szenen allein schon das Kinoticket wert.
Das Alter spielt wie so oft bei den Actionstars meiner Jugend eine übergeordnete Rolle. Das darf einem gefallen, muss aber nicht. So leidet der T-800 bereits an ersten Funktionsstörungen in der Hand, und auch sein Kniegelenk sorgt für Schwierigkeiten. Er reiht sich in die Riege derer ein, die "zu alt für den Scheiß" sind, nur dass er sich selbst als alt, aber nicht veraltet sieht.
Und in der Tat,
Arnold Schwarzenegger hat es mit seinen fast 70 Jahren immer noch drauf und ist hervorragend in Form. Er spielt den Terminator nicht nur, er ist der Terminator! Dass auch in
"Genisys" Humor Einzug hält, wird zwar von vielen bemängelt, gehörte nach dem
ersten Teil aber zum Franchise dazu, nicht zuletzt, da die Maschine menschlicher werden sollte. Auch dies sollte hier noch einmal stärker herausgearbeitet werden, was leider nicht immer perfekt gelingt, auch wenn man am Ende meinen könnte, die Killermaschine habe tatsächlich Gefühle, als sie zu Kyle Reese sagt: "
Beschütze meine Sarah!" Das Drehbuchduo, der Regisseur und
Schwarzenegger selbst gehen mit dem nötigen Respekt an die Figur heran, weshalb der Zuschauer keine Angst vor einem "vermenschlichten" Terminator haben muss. Ganz im Gegenteil, denn in einer Schlüsselszene steht ihm seine "Beschützer"-Programmierung im Weg, was genial gelöst wird.
Der restliche Cast hatte es deutlich schwerer, von den Fans akzeptiert zu werden, was nicht zuletzt an den ersten, unsäglichen Promobildern liegen dürfte. Hollywood gibt Millionen für Marketing aus, schafft es aber nicht, ansprechende Teaser-Plakate und Charakterfotos an die Presse zu verteilen. Vom ersten Bild an wurde gehörig Stimmung gegen den neuen
"Terminator" gemacht, und
"Game of Thrones"-Star
Emilia Clarke traf es am härtesten. Der erste Teaser-Trailer schien die Befürchtungen der Fans zu bestätigen, doch im Nachhinein muss man sich einfach eingestehen, das sie eine verdammt gute Besetzung für die Rolle der Sarah Connor ist.
Sicherlich ist es schwer, neue Gesichter zu akzeptieren, doch macht
Emilia ihre Sache sehr gut und braucht sich nicht hinter
Linda Hamilton zu verstecken, die im ersten Teil nicht unbedingt durch ihr Schauspiel glänzte. Auch
Jai Courtney (
"Stirb langsam 5") als Kyle Reese ist hingegen jeglicher Erwartungen eine Bereicherung für den Film, wenngleich er etwas zu muskulös wirkt und natürlich kein markantes Erscheinungsbild hat wie einst
Michael Biehn. Aber Vergleiche mit den 80er Jahren aufzustellen, funktioniert sowieso nicht, da sich der Zeitgeist nur schwer auf heutige Sehgewohnheiten projizieren lässt. Für das heutige, relativ junge Publikum wird höchstwahrscheinlich auch ein
Arnold Schwarzenegger wie ein Fremdkörper wirken. Und würde man
Dwayne Johnson als neuen Terminator vorstellen, wäre vielleicht sogar
"Terminator: Genisys" ein Hit geworden.
Als absolute Fehlbesetzung stellt sich leider der Australier
Jason Clarke heraus. Er passt zu keiner Minuten in die Rolle des Helden John Connor. Dies liegt nicht zuletzt an seiner Ausstrahlung. So wirkt er zu Beginn schon wenig sympathisch, wodurch seine Wandlung in der zweiten Hälfte dann auch nicht mehr sonderlich überrascht. Vielmehr wirkt er wie ein nerviger Versicherungsvertreter in seinem Armani-Anzug. Da traf man bei
"Salvation" eine deutlich bessere Wahl.
Christian Bale war damals nicht nur physisch die bessere Wahl, während
Jason Clarke ungelenk wirkt und auch von seiner Performance her nicht viel zu bieten hat.
Christian Bale war im Übrigen auch für
"Genisys" im Gespräch, sagte aber angeblich aus terminlichen Gründen ab, weshalb die Wahl auf
Tom Hardy fiel, der aber ebenfalls absagte und lieber
"Mad Max: Fury Road" drehte.
"Ich bin älter ..." - T-800
"... nicht überholt! - Kyle Reese
"Terminator: Genisys" hat alles, was einen guten Actionfilm ausmacht. Er darf sogar als eigentlicher Teil 3 gewertet werden, weshalb man
Jonatahn Mostows Totalausfall getrost aus der Erinnerung streichen kann.
"Genisys" ist sauber inszeniert, bietet rasante Action und fühlt sich endlich wieder wie ein
"Terminator"-Film an, während
"Die Rebellion der Maschinen" damals wie ein schlechtes Plagiat von
"Der Tag der Abrechnung" wirkte und zudem verdammt schlecht gealtert ist.
Alan Taylor steuert das Franchise in eine neue und durchaus interessante Richtung, verbeugt sich vor
Camerons Werk und behandelt es mit dem größten Respekt. Er vereint all das, was man sich als
"Terminator"-Fan im dritten und vierten Teil gewünscht hätte. Über die niedrige Freigabe braucht sich niemand künstlich aufzuregen, denn wenn man es genau nimmt, würden
"Terminator 2" und
"Terminator 3" bis auf 1 bis 2 Sequenzen heute ebenfalls mit einer Freigabe ab 12 Jahren durch die Freiwillige Selbstkontrolle kommen. Und mehr Blut macht noch keinen besseren Film, zumal es hier auch keine Szenen gibt, die mit einer Blutfontaine besser funktionieren würden.
"Terminator: Genisys" gehört nicht zu den Meisterwerken der Filmgeschichte und wird niemals den Kultstatus wie
Camerons Filme erlangen, doch welcher Film wird das heutzutage noch von sich behaupten können? Beide Filme waren zu ihrer Zeit wegweisend und prägten das Genre-Kino. Etwas, was heute kaum noch ein Film erreichen wird.
"Genisys" ist handwerklich gut gemachte Action-Kost, bei der sich der Zuschauer vor allem über die Rückkehr von
Arnold Schwarzenegger in seiner Paraderolle als Terminator freuen darf. Er ist zwar verdammt alt geworden, aber noch nicht zu alt für diesen Scheiß ...